Enstehung der Siedlung

Ein Geschenk der USA.

Während der 1950er Jahre herrschte in Berlin, bedingt durch massive Zerstörungen des 2. Weltkrieges und durch hohe Flüchtlingsströme aus den Ostgebieten Deutschlands, eine große Wohnungsnot. So kam es, dass man 1957 in Berlin über ein großzügiges Geschenk der USA verhandelte.

600 Häuser sollten als Eigenheime für anerkannte politische Flüchtlinge mit C-Ausweis und Lastenausgleichsanspruch erbaut werden. 379 dieser Häuser wurden in Kladow auf landwirtschaftlicher Fläche und Kirchenland errichtet und erhielten den Namen Finnenhaussiedlung. Eine Schwestersiedlung entstand in Berlin-Lichterfelde.

Für die Vereinigten Staaten war die Finanzierung von Häusern ein Propagandamittel, um die Stärke des westlichen Wirtschaftssystems zu demonstrieren. Holzhäuser hatten eine hohe Priorität bei den Handelsbeziehungen zwischen  Finnland und den Vereinigten Staaten.  Die Bestellungen der Amerikaner halfen der finnischen Holzhausindustrie, über Wasser zu bleiben. Dass die Finnen mit der Lieferung Schulden gegenüber den USA getilgt haben, wurde nach jüngeren Forschungen aus Finnland als "urbane Legende" entlarvt.

Der Architekt Scheibe von der GEHAG (Gemeinnützige Heimstätten-AG) als Bauträger zeichnete die Baupläne, die Firma Puutalo Oy in Finnland erstellte die Holzfertigbauteile und die USA finanzierten das gesamte Vorhaben.

Als auf der Baustelle am Kladower Damm zwischen Havel und Gatower Flughafen am 11. August 1958 um 15.30 Uhr das Richtfest gefeiert wurde, war es der Schwester des amerikanischen Politikers John Foster Dulles, Eleonore, vorbehalten, diese Zeremonie vorzunehmen. Doch das gerät leicht in Vergessenheit, weil die finnischen Straßennamen so gar keine Rückschlüsse auf die amerikanische Hilfeleistung zulassen.

Straßennamen

Als unsere Siedlung am 11. August 1958 Richtfest feierte, erhielten vier der sieben Siedlungsstraßen ihre Namen nach finnischen Persönlichkeiten.  Nur der Kladower Damm (einziger Name, der nichts mit Finnland zu tun hat) erhielt seinen Namen bereits am 8. Mai 1935. Bis dahin (1900-1935) hieß die Straße Gatower Chaussee.

  • Am 13. Februar 1958 erhielten der Krohnweg, Lönnrotweg, Topeliusweg und der Runebergweg ihre Namen
  • Am 12. Januar 1960 folgte der Porthanweg und
  • am 21. Januar 1961 der Sibeliusweg

Straßennamen und die damit vebundenen Persönlichkeiten:

Zacharias Topelius war ein finnländisch-schwedischer Dichter und Erzähler. Er schrieb überwiegend spätromantisch-mystische Lyrik, patriotische und historische Romane und besonders Märchen. Er lebte von 1818 bis 1898.

Elias Lönnrot war finnischer Volkskundler und Sprachforscher, Mediziner und Runenforscher. Er lebte von 1802 – 1884. Mit der Schaffung eines finnischen Wörterbuches legte er die Grundlage zur finnischen Schriftsprache. Seine größte Leistung bestand in der Zusammenstellung des Nationalepos "Kalevala" im Jahre 1849.

Johan Ludvig Runeberg war finnischer Nationaldichter und lebte von 1804 – 1877. Er schrieb ausschließlich in schwedischer Sprache, obwohl er von slawischen und finnischen Volksliedern beeinflusst war. Aus seiner Feder stammen u. a. Sagen, Epen, ein Balladenzyklus und die Nationalhymne, die ursprünglich auf Schwedisch geschrieben und gesungen wurde.

Jean Sibelius, ein finnischer Komponist und mystischer Romantiker wurde 1865 in Hämeenlinna geboren und starb 1957 in Järvenpää bei Helsinki. Er war der bedeutendste Vertreter der nationalen finnischen Musik und schrieb zahlreiche sinfonische Dichtungen, darunter „Finlandia", sieben Sinfonien, ein Violinkonzert, Kammermusik und Lieder. Für die Finnen verkörpert Sibelius die Liebe für das Land, für die Natur und die Volkstradition.

Nachfolgend Bilder der besagten Herren:
(v.l.n.r. Topelius, Lönnröt, Runeberg, Sibelius, Quelle: Wikipedia)

Henrik Gabriel Porthan war Historiker und wie Lönnrot auch ein Forscher der finnischen Sprache. Ihn kann man als "Vater der finnischen Geschichte" bezeichnen. Ihm verdankt Finnland eine zuverlässige erste Studie über die finnische Frühgeschichte und den Ursprung der finnischen Sprache. Er lebte von 1739 bis 1804

Der Name
 Krohn steht nicht nur für eine Person. Hier wollte man an den Vater Julius Leopold Krohn   (1835 – 1888) und seinen Sohn Kaarle Leopold Krohn (1863 – 1933) erinnern. Vater Julius war Dozent für Finnische Sprache und Literatur an der Universität Helsinki. Unter dem Pseudonym „Suonio" verfasste er finnische Gedichte.  Sein Sohn Kaarle hatte einen Lehrstuhl für Finnische und Vergleichende Folkloristik und war Mitbegründer der Finnischen Akademie der Wissenschaften.

Nachfolgend Bilder der besagten Herren:
(v.l.n.r. Porthan, Julius Krohn, Karle Krohn, Quelle: Wikipedia)

Haustypen in der Finnenhaussiedlung

Nur Keller und Giebelwände (die so genannten Brandmauern) bestehen aus Stein. Alle anderen Außen- und Innenwände bestehen aus finnischen Holz-Fertigbauteilen, so dass es ganz einfach ist, die Häuser den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Die meisten Häuser sind teilunterkellert. Als Besonderheit können bei allen Häusern die großflächigen Fensterfronten zum Garten hin, eine Durchreiche zur Küche und viele Einbauschränke angesehen werden. Es gibt drei Haustypen, die eine Wohnfläche zwischen 80 und 90 qm aufweisen.

Die Haus-Typen A 1 und A 2:
Die Typen A 1 und A 2 sind von der Zimmeraufteilung baugleich, wobei die Wohnfläche von Typ 2 ca. fünf qm größer und äußerlich nur auf den ersten Blick durch zwei Küchenfenster und Doppelfenster im ersten Stock vom kleineren Bautyp zu unterscheiden ist. Im Erdgeschoss befindet sich das Wohnzimmer mit einer Essecke, die mit der Küche durch eine Durchreiche verbunden ist. Außerdem gibt es ein Gäste WC, einen Windfang und den Flur.

Die Treppen zum ersten Stock und in den Keller gehen vom Flur ab. Im Obergeschoß sind 2 ½ Zimmer, das Bad und eine Kammer – jedenfalls war das früher einmal so. Heute hat sich das Innenleben der meisten Häuser völlig verändert.

Typ D:
Hier liegt eine gänzlich andere Planung vor. Die Treppen zum Obergeschoss und in den Keller gehen mitten vom Wohnzimmer ab. Dadurch wird der Raum, der die Länge des ganzen Hauses einnimmt, in zwei Hälften geteilt, wovon der eine als Ess- der andere als Wohnbereich genutzt wird. Die Küche geht auf die Terrasse hinaus, hat ein kleines Fenster und eine Terrassentür, durch die man in den Garten gelangt. Im oberen Stockwerk befinden sich wiederum 2 ½ Zimmer und das Bad. An Stelle einer Kammer sind mehrere Einbauschränke vorhanden

Luftaufnahmen

Buddy Bär & Kunst

Der Buddy Bär in Kladow zeigt ein kleines Motiv aus der Finnenhaussiedlung. Er wurde anläßlich der 750 Jahr-Feier Kladows errichtet und mit Kladower Motiven bemalt.

Aus dem Stadtbild der deutschen Hauptstadt sind die Buddy Bears schon seit Langem nicht mehr wegzudenken. Die fröhlichen, bunten Berliner Bären sind ein Symbol der Toleranz und Völkerverständigung und stehen für Weltoffenheit in Berlin und Deutschland und wirken mit ihrer Botschaft weit über die Stadtgrenzen hinaus.

#1871
Gestaltung: Andrej Wolff (2017)
Auftraggeber: Brigitte Ahlfeldt
Standort: Imchenplatz, 14089 Berlin Kladow

Bilderstellung: Yvonne Benschneider


Die Siedlung als Gemälde

Zwei wunderschöne Aquarelle von Wolfgang Werner.

1979 begann Wolfgang Werner zu malen, meist Landschaftsmotive aus unterschiedlichen Regionen und zu allen Jahreszeiten mit Ölfarben, später (ab 1982) Aquarelle. Als Fotoingenieur für die Industrie war er viel auf Dienstreisen unterwegs, deshalb malte er fünf Jahre lang Bilder im Postkartenformat, höchstens DIN A5-Größe. Nach einigen Kunst-Fortbildungen zeigten sich in seinen Bildern immer wieder verschiedene Techniken auf. Die Farben entsprechen der Realität und werden selten verfremdet, eher verstärkt oder abgeschwächt, um auf Besonderheiten und innere und äußere Stimmungen aufmerksam zu machen.